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Parpar 1945-1975

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Vorgeschichte von Parpar

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
Zeitzeugen, die unter dramatischen Umständen mit einem Flüchtlingstreck aus Westpreußen über die Dömitzer Brücke gelangten und in Parpar einquartiert wurden, berichten von traumatischen Erlebnissen im April und Mai 1945 besonders auch von der Freilassung der 1000 Zwangsarbeiter aus Dragahn durch die Amerikaner, die Hitzacker und die umliegenden Dörfer evakuiert und den ehemaligen Zwangsarbeitern zur Plünderung freigegeben hatten. Die kamen auch durch Parpar, wo sie einen der besonders scharfen Wachmänner vermuteten. Diese Ereignisse sollen an anderer Stelle aufgearbeitet werden.
Wir lassen im Folgenden Lisa Bakowski, die zu diesem Zeitpunkt mit ihrer Familie nicht in Parpar weilte, von ihren Erinnerungen erzählen.
 
April 1945
Lisa Niehus hat im letzten Jahr unter dem Namen Dupont geheiratet und hat einen Sohn Dieter, der im Kinderwagen liegt. Der Mann hat sich allerdings abgesetzt und wird nie wieder gesehen. Die Scheidung erfolgt in Abwesenheit des Mannes.
Dragahn wird kampflos den Amerikanern übergeben, während in Hitzacker noch schwere Kämpfe stattfinden. Amerikanische Soldaten durchsuchen auch Parpar nach Waffen und versprengten deutschen Soldaten. In Parpar sind Kinder und auch einige Erwachsene an Difterie und Scharlach erkrankt. So liegt auch Lisa Dupont in ihrem Zimmer oben unter dem Dach im Bett und neben ihr im Kinderwagen der kleine Dieter, als zwei Amerikaner die Treppe hoch kommen und ins Zimmer stürzen. Der Kinderwagen erhält einen kräftigen Schups und landet nebenan in der Kornkammer. Verschreckt und voller Angst um ihr Kind beantwortet die junge Mutter die kurzen Fragen der Amerikaner. Die wollen aber nach Erkennen der Situation eigentlich nur noch besorgt wissen, ob denn ein Arzt da gewesen ist und dann verschwinden sie schnell wieder.
 
Auch im Wald von Dragahn wird 1945 kräftig Rübenschnaps gebrannt, nach den Erinnerungen von Lisa Bakowski (z. d. Z. Dupont) auch schon vor Ende des Krieges. Wie auch in anderen Erzählungen kommt das Gerät und das Know-how mit den Flüchtlingen in die Region. Bei ihr sind es die Litauer. Wir lassen sie erzählen:
"Ein Michael, ein Litauer – jetzt kann man das ja ruhig sagen – der war so etwas wie unser Hausfreund, nicht ganz, aber er kriegte bei uns immer mal Kaffee ..... Ich hatte ja nichts mitgekriegt, bis ich mal bei uns in die Speisekammer kam und dann hab ich gedacht: Die Flaschen standen doch da sonst nicht. Hab ich eine geöffnet und gerochen und tatsächlich: das ist ja Schnaps!
"Mama," hab ich gefragt: "sag mal, hat Papa von Michael Schnaps gekriegt?"
Dass die `Brüder´ gebrannt haben – da bin ich ja auch durch Zufall drauf gekommen. Ich habe drei Jahre den Feuerturm in Dragahn betreut. Da hab ich mich dann mehrmals gewundert: Mensch, da ist keine Wolke am Himmel. Das ist doch Qualm. Irgendwann wollte Vater mich mal etwas fragen und kam zum Feuerturm. "Papa, kommst du mal hoch. Ich muss dir mal was zeigen. Du kannst weit, weit sehen. Nirgends was besonderes. Aber an paar Stellen ist immer Rauch." Erst mal hat er gar nichts gesagt. Erst am Abend zuhause habe ich wieder gefragt: "Weißt du denn nun, woher der Rauch kommt?" "Ja, da sind im Dragahner Forst auch Schnapsbrennereien. Da sind Litauer und Esten, die brennen Schnaps."
Der Michael, der war - wollen wir mal so sagen - der Brennmeister. Der hat dafür gesorgt, wenn sie fertig waren, dass an den Wegen hier und da Männer mit ein oder zwei Flaschen Schnaps standen und wenn Bekannte kamen, die fuhren nach Lüneburg oder so, kriegten alle `ne Flasche. Denn die wussten ja, das da gebrannt wurde. Die haben dann natürlich nichts verraten."

Lisa Dupont mit ihrem Sohn Dieter auf dem Hof in Parpar etwa 1947.

Vor dem Haus von Familie Baas in Parpar um 1947: Lisa Dupont mit ihrem Sohn Dieter auf dem Arm und neben ihr die Eltern Elsbeth und Ernst Baas. Links ein Flüchtlingsehepaar aus Litauen und rechts der Förster. Lisa B.: "Der Förster ist nicht lange geblieben. Er hat eine Frau kennen gelernt, aber für sie war das da zu einsam und dann ist er weg und es kam ein anderer."
 
Im zweiten Anwesen von Parpar hatte früher die Familie des Hauers Gebers gewohnt. Gebers´ hatten immer Pilze aufgekauft und weitervertrieben.
Sohn Heinrich Gebers heiratete nach Lenzen. Später, als der alte Gebers schon gestorben ist und Nachfolger im Hof in Parpar wohnen, lebt Frau Gebers bei ihrem Sohn in Lenzen.
Lisa B. erzählt von Steinpilzen:
„Ich wollte zu unseren Kühen auf der Lichtungsweide. Da bin ich quer durch den Wald gegangen und dachte plötzlich, ich traue meinen Augen nicht. Überall Steinpilze! So viele hatte ich noch nicht gesehen. Bin ich gleich zurück zu meiner Mutter und die meinte, wir sollten in Lenzen mal fragen, ob die alte Frau Gebers noch Abnehmer wüsste. Da sind wir gleich hin und tatsächlich wollte sie uns unbegrenzt viele Pilze abnehmen. Dann haben wir auch Vater noch geholt und haben zu dritt so viele Steinpilze gesammelt, dass wir dafür 69 Mark erhielten. Vater meinte: „Da muss ich sonst zwei Tage für arbeiten.“

In einem späteren Jahr hat Lisa noch einmal an anderer Stelle (Am "Schrägen Weg" von Riskau) auch so viele Pilze gefunden und alles wiederholte sich.
 

Lisa B.: "Das ist Dieter mit meinem Dackel auf dem Arm. Der war dann schon alt. 17 Jahre ist er geworden. Ich hatte lange bei meinen Eltern gebettelt, bis ich einen Dackel geschenkt bekam."

Der Staketenzaun am Hühnerhof des Anwesens besteht aus längs halbierten Stöcken.
 

 
"Dieter hat auch jahrelang Kaninchen gehabt.
Der olle Schuppen stand schon als wir hinkamen. Da wurde Brennholz gelagert und Vorräte für die Küche waren da auch noch drin. Den kleinen Anbau hat mein Vater gemacht. Da war die Waschküche drin. Die haben wir besonders beim Schlachten gebraucht."
 

Das einzige bekannte Bild, das relativ vollständig das Anwesen des Forstgehilfen Ernst Baas in Parpar zeigt. (Aufnahme etwa 1954). Die über das Haus ragende Kastanie steht noch. (Siehe Spurensuche 2008). Im Vordergrund Dieter Dupont mit dem Hofhund. Am Haus vorbei führt der Weg nach Schmardau. Das Roggenstrohdach des alten Zweiständerhauses ist mehrfach ausgebessert. Der Giebelwalm wurde irgendwann mit Wellplatten gedeckt und mit Regenrinne versehen. Im unteren Teil wurde das Fachwerk durch massive Mauer ersetzt.
 

Parpar im Winter. Auch der rückwärtige Giebel mit dem Wohnteil wurde massiv gemauert.
 
Um 1960 macht Dieter Dupont eine Lehre in Hamburg und lernt dort Spanier kennen, die ihn in Parpar besuchen. Das Foto zeigt die Spanier bei der Abreise. Sie werden mit dem Auto zum Bahnhof in Hitzacker gebracht.

Wie schon dargestellt, sind die Bewohner der Gehöfte von Parpar jeweils Mieter, befristet bis zum Rentenalter des Familienvaters.
Lisa B.: "Als Vater 65 wurde, musste wir das Haus aufgeben. Wir hatten vorher schon Land in Dragahn gekauft. Aber da sollte man nicht bauen. Ich wollte das ja auch nicht gern. Deshalb haben wir ein Haus zu kaufen versucht.

 
Dabei waren wir uns alle uneinig. Das eine war zu klein und beim anderen passte wieder etwas nicht. Mutter wollte eben in Dragahn bauen. Irgendwann hab ich gesagt. "Nun macht doch, was ihr wollt!" Aber ich war es dann, die um die Baugenehmigung kämpfen musste. Da war ich mehrmals in Lüneburg, bis der Beamte meinte: "Sie sind aber auch hartnäckig!" Und dann durften wir eben doch auf unserer Wiese am Rand von Dragahn bauen. Etwas anderes hätten wir auch gar nicht finanzieren können. So hatten wir das Bauland und am Haus haben wir das meiste selbst gemacht."
 
Das Haus der Baars bleibt nun unbewohnt. In den 60er Jahren wird die Waldwirtschaft zunehmend motorisiert und die Familien der Forstarbeiter wohnen lieber in größeren Orten. Parpar wird nicht mehr benötigt.
Michael Huber erzählt: "Ich bin mir ziemlich sicher, dass es 1973 war, als wir mit der Schulklasse eine Zweitageswanderung machten. Wir haben in Braasche im Heu übernachtet und auf dem Rückweg nach Dannenberg kamen wir über Parpar. Das habe ich als ganz gespenstisch in Erinnerung. Es sah wirklich so aus wie bei Hänsel und Gretel. Nur in einem alten Haus kam Rauch aus dem Schornstein. Dort sind wir reingegangen und haben die alte Frau um heißes Wasser gebeten. Das hat sie uns dann tatsächlich im Kessel auf einem Herd erhitzt. Es schien mir alles irgendwie unwirklich."
 

1974 sind andere Wanderer, die zufällig hier entlang kommen, beeindruckt von dem verlassenen und märchenhaft umwachsenen Gehöft mitten im Wald und machen einige Fotos.
 
Aufgrund der Fotos und späteren Erkundigungen stellt sich heraus, dass ein Urgroßvater eben dieser Wanderer, Ehepaar Mittendorf, als Köhler in diesem Haus gelebt hat. Deshalb wandern sie einige Wochen später noch einmal dorthin. Aber nun existiert das Haus nicht mehr.
So erzählt es der Sohn Ernst-August Mittendorf, der diese Fotos zur Verfügung stellt und auch ein Foto des Köhlers in seinen Unterlagen hat. (Siehe Parpar vor unserer Zeit).
Da die Fotos auf 1974 datiert sind, nehmen wir dieses Jahr auch für das folgende Ereignis an. Andere Zeitzeugen meinen, das wäre 1975 gewesen. Auf ein Jahr soll es nicht ankommen.
 

Im zweiten Gehöft, von dem kein älteres Foto vorliegt, lebt noch Ehepaar Rose. Die erwachsenen Kinder sind weggezogen. Roses wollen das einsame Parpar nicht verlassen. Aber 1974 (1975?) erhalten sie die entgültige Kündigung. Die Forstverwaltung hat beschlossen, die maroden und nicht mehr renovierbaren Gebäude abzureißen und die kleine Siedlung Parpar dem Erdboden gleich zu machen.
1974 hat man noch keine Hemmung, solche Gebäude "heiß abzureißen" (abfackeln).  Unter Aufsicht der Feuerwehr werden die Gebäude angezündet.
 
 

Einer der damaligen Feuerwehrmänner erzählt:


"Damit das ordentlich brennt, habe ich da vorher eine Menge altes Stroh reingebracht."

 
 
 
 
 

 
Die nicht brennbaren Mauersteine werden abgeholt und wiederverwertet.
Die Siedlung gibt es nicht mehr.
Dreißig Jahre später erinnern sich nur noch wenige an Parpar. Wir machen uns auf zur
  Spurensuche in Parpar (2008).
 


In der Tour fehlt uns noch eine Fortsetzung der Platenlaaser Geschichte aus Grabower Sicht:

  Grabow 1945 -1949
 

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 (Seite erstellt im November 2008, korrigiert und ergänzt im Januar 2010)